Austrian Rallye Challenge
 
 
separator
ET KÖNIG Murtal Rallye 2024 - Die absolute Traumverwirklichung:
 

Bei und mit der neuen erfolgreichen ET KÖNIG Murtal-Rallye konnte sich Initiator Peter Hopf als Gesamtsieger einen Kindheitstraum verwirklichen. Für manch andere Piloten jedoch wurde diese Rallye zu einem Alptraum…

Fotos: Harald Illmer; Text: Austrian Rallye Challenge Association

Die kleine Ortschaft Gaal Seckau am Ende des vorigen Jahrhunderts - ein Junge namens Peter kommt aus dem Staunen nicht mehr heraus, die schnellen lauten Boliden der Castrol Rallye beeindrucken Peter Hopf, wie er mit vollem Namen heißt, auf nachhaltige Art und Weise: „Ich wusste von dem Moment an, dass ich irgendwann einmal selbst ein solches Rallyeauto pilotieren möchte.“ Hopf wird ein erfolgreicher Geschäftsmann, leitet ein Transportunternehmen. 2023 schließlich lässt Hopf dem „Rallyevirus“ freien Lauf: „Als ich in meiner Firma erzählte, dass ich bei der Blaufränkischland-Rallye mein Debüt geben möchte, bot sich mein Prokurist Stefan Heiland sofort als Beifahrer an. Er war ebenfalls ein Rookie. Wir wollten trotzdem alles selbst machen. Mit ein paar Freunden haben wir das Hopf Racing Team gebildet und einen Mitsubishi Lancer eingesetzt. Im Herbst habe ich,einen gebrauchten Dytko Skoda Fabia Proto für die Saison 2024 gekauft. Und wir haben einen Sponsor für die ganze Saison gewinnen können.“

Doch das war längst nicht alles. Denn Peter Hopf wollte unbedingt jene Rallye zurückholen, bei der er damals als Kind „Blut geleckt“ hat. Gemeinsam mit dem erfahrenen Willi Stengg junior konnte die ET KÖNIG Murtal Rallye auf die Räder gestellt werden - am vergangenen Wochenende feierte die neue, sowohl zur ORM (Österreichische Rallye Staatsmeisterschaft) als auch zur ARC (Austrian Rallye Challenge am zweiten Tag) zählende Rallye ihre Premiere.

Rallye-Initiator holt ARCP-Gesamtsieg:

Initiator Peter Hopf ließ es sich nicht nehmen, mit Stefan Heiland im Skoda Fabia Proto teilzunehmen und dabei auch exakt die eingangs erwähnte Stelle in Gaal Seckau zu passieren. Als wäre all das nicht schon die absolute Traumverwirklichung schlechthin, legten Hopf/Heiland quasi noch einen drauf. Denn Peter Hopf und Stefan Heiland konnten in der ARCP für Proto- und Produktionsfahrzeuge den Gesamtsieg einfahren. Spektakulärer hätte sich der junge Peter die Verwirklichung seines Kindheitstraums wohl kaum vorstellen können…

Wobei Hopf auch das vielzitierte „Glück des Tüchtigen“ an seiner Seite hatte - in so fern als der bereits als „Proto-Dominator“ allseits bekannte Christoph Zellhofer seinen Suzuki Swift ZMX bereits nach dem ersten Tag (ORM) mit Defekt abstellen musste.

Reinhard Frühwald als „heimlicher Sieger“ der ARCP:

In dem Gesamtergebnis der ARC dominierten dennoch die Proto-Fahrzeuge. Denn nur 21,8 Sekunden hinter den ARCP-Gesamtsiegern Hopf/Heiland konnten Reinhard Frühwald und Manfred Riegler in ihrem von Race Rent Austria eingesetzten Mitsubishi Lancer Evo IX Proto den zweiten Platz erringen.

Wobei man Frühwald/Riegler irgendwie auch als eine Art „heimlichen Sieger“ betrachten könnte, da sie mit einer Strafminute belegt wurden - einer Strafminute für ein Vergehen, dem zumindest kein sportlicher Vorteil zugrunde liegt. Frühwald erzählt: „Mein Vergehen war, dass ich bei der ZK Service In mit den zwei Vorderrädern über das ZK Schild hinaus gestanden bin. Das gelbe Zeichen, das diese Stelle markiert, war zu diesem Zeitpunkt jedoch verdeckt. Die Strafminute empfinde ich als eine sehr harte Strafe. Und es ist weniger schön, wenn Offizielle dann meinen, man habe eben Pech gehabt.“

Zumal der Humor des Reinhard Frühwald quasi schon vor dem Start einer harten Prüfung unterzogen wurde: „Man hat mir die Startnummer 24 zugeteilt - hinter zwei viel schwächeren Ford Fiesta ST. Ich habe also das Antragsformular für eine niedrigere Startnummer ausgefüllt und abgegeben - woraufhin mir Startnummer 36 zugeteilt wurde.“ (Vorsicht Sickerwitz)

Noch etwas musste Frühwald hinnehmen: „Auf SP2 wurden zum Teil nominelle Zeiten vergeben - meine war weit davon entfernt, der Realität zu entsprechen. Was ich nicht verstehe: Warum wurde mit der endgültig vergebenen Zeit nicht auf den zweiten Durchgang gewartet, um dann rückwirkend eine entsprechende nominelle Zeit zu ermitteln? Ich dachte bislang, dass dies die übliche Vorgehensweise ist…“

Junge Gebrüder Maier führen die ARC-Tabelle an - ARC-Sieg für Lukas Dirnberger:

Angenommen der selige ARC-Mitgründer Folkrad „Folki“ Payrich könnte auf einer Wolke sitzend die Gesamtwertung der ARC lesen, so würde er wohl ein zufriedenes Lächeln im Gesichte tragen. Denn dort führt nun, nach zwei gefahrenen Rallyes, das junge Bruder-Duo Max und Ben Maier, deren Ford Fiesta ST eher zu den schwächsten Fahrzeugen zählt. Mit einem prinzipiell unterlegenen Auto um den Gesamtsieg fighten können - genau das war die Idee des Folki Payrich..

Max Maier selbst zeigt sich von der guten Performance überrascht: „Ich hätte ehrlich gesagt nicht gedacht, dass wir nach nur einem Jahr bereits mit den Schnellen mithalten können.“ Was Maier ein wenig wurmt: „Einmal sind wir auf Slicks in den Regen gekommen, haben uns gedreht und sind mit dem Heck gegen einen Holzzaun geprallt.“ Für Maier/Maier ergab sich in der ARC-Wertung ein feiner dritter Platz hinter den schnellen Jungpiloten Lukas Dirnberger/Lukas Martinelli sowie Marcel Neulinger/Silvano Winkler (nur 3,6 Sekunden Rückstand) - der Maier’sche Rückstand hätte ohne den Dreher ziemlich sicher weniger als die knappe Minute ausgemacht.

ART: Traußnig überlegen:

In der Austrian Rallye Trophy für moderne Fahrzeuge kämpften vier Teams mit zumindest anfangs recht knappen Zeitabständen - mindestens drei sind heuer erst auf ein Rally4-Fahrzeug umgestiegen. Gleich auf der ersten Prüfung konnten die späteren ART-Sieger Thomas Traußnig/Jürgen Pilz (Peugeot 208 Rally4) mit 3,3 Sekunden Vorsprung auf Raphael Dirnberger/Christian Gimpl (Opel Corsa Rally4) die Bestzeit in den Asphalt brennen. Letztere mussten jedoch auf SP2 mit Defekt aufgeben. Danach konnten Traußnig/Pilz mit weiteren Bestzeiten ihren verdienten ART-Sieg einfahren.

Der 21-jährige Thomas Traußnig erlebte bei dieser ET KÖNIG Murtal Rallye, seine erst zehnte Rallye insgesamt, ganz klar sein bisheriges Karriere-Highlight. Denn neben dem Sieg in der ART konnte er auch in der ORM 2WD seinen ersten Sieg einfahren. Im ET KÖNIG Murtal Rallye Radio würdigte Traußnig das enge, aber kurze Duell mit Raphael Dirnberger, der im Vorjahr Junioren Staatsmeister und 2022 ARC Junior wurde. Traußnig fühlt sich in seinem Team gut aufgehoben: „Bei Stengg Motorsport erhalte ich ein zuverlässiges Fahrzeug und kann vom Erfahrungsschatz dieses Teams profitieren. Mit Jürgen Pilz habe ich einen erfahrenen Copiloten an meiner Seite - so kann man gewisse Fehler von Beginn an vermeiden,“ Der analytische Zugang von Traußnig erstaunte nicht nur den erwähnten Beifahrer Jürgen Pilz - etwa als es um eine Senke oder vielmehr die Senke der Rallye schlechthin ging: „Wir haben anhand der Bodenabdrücke gesehen, dass einige Teams einen harten Einschlag hatten und sind daher mit einer gewissen Vorsicht reingefahren.“ Dass er nach nur zehn Rallyes bereits einen ART- und ORM2WD-Tagessieg einfahren konnte, würde ihn selbst ebenso wundern, gab Traußnig offen zu…

ART: Regner wird ausgeschlossen

Hinter Traußnig/Pilz lagen stets Thomas Regner/Gottfried Witzmann (Peugeot 208 Rally4) vor Gerold Neumayr/Christoph Karl (Ford Fiesta Rally2 Evo2). Regner/Witzmann sind die letzten 13 Jahre über stets mit einem älteren Renault Clio R3 unterwegs gewesen, was ihnen wegen des infernalen Motorensounds die Herzen der Fans am Streckenrand zufliegen ließ. Im Vorjahr kämpften sie bis zuletzt gegen Gerald Bachler um den ARC-Titel, der sich dann zum zweiten Mal zum ARC-Champion krönen konnte. Heuer wechselte Regner das Auto (Peugeot 208 Rally4), nicht aber das Team. Kaum jemand weiß, dass Regner bereits seit vielen Jahren auf Kellner Motorsport setzt - ein kleines aber feines Team, das aus Kostengründen auf eine Bewerberlizenz verzichtet und ohnehin nicht nur in der Rallyewelt sondern auch im Rallycross anzutreffen ist.

Die schwierige Umstellung auf den Rally4 nahm Regner als Herausforderung: „Es geht uns immer besser, doch wir sind immer noch dabei, uns umzustellen. Der Clio beispielsweise brauchte mehr Drehzahl, da war eine runde Linienführung von Belang - dafür wiederum schluckt der Peugeot die Bodenwellen.“ Was Regner bis zur SP6 erfreut hatte: „Wir wären Zweite in der Klasse geworden, auch in der ART2 wären wir hinter dem späteren Sieger Traußnig auf Platz zwei gelandet.“ Und: Der Abstand auf Jungpilot Traußnig war auf SP4 mit 6,2 Sekunden ein Lichtblick…

Regner: „Wie ein Angeklagter vor Gericht"

Doch dann kam ein Worst Case Szenario auf Regner/Witzmann zu: Ein Teilnehmerfahrzeug flog von der Strecke, laut AMF wurden die Streckenposten umgehend angewiesen, die SP mit der roten Flagge abzubrechen. Zugleich wurde das relativ neue mit Warn-Leuchten arbeitende GPS-Warnsystem aktiviert.

Thomas Regner erinnert sich an die Unfallstelle: „Die Strecke war komplett frei, das Auto konnten wir deutlich neben der Strecke wahrnehmen und die beiden Fahrer waren bereits aus dem Auto gestiegen.“ So habe er zwar den Unfallort inklusive die aus dem Auto gestiegenen Piloten wahrnehmen können, doch eine rote Flagge „hatten wir nicht“, ist Regner auch heute noch überzeugt. Die GPS-Warnleuchte hingegen sei aktiviert worden - allerdings „erst ganz knapp vor dem Ziel der SP“. Regner vermutet: „Wahrscheinlich hatte das GPS gerade keinen Empfang, wie das ja schon öfter passiert ist..“

Die AMF-Offiziellen sahen es ganz offensichtlich anders - im Zuge einer Untersuchung musste Regner in der Rallyeleitung seine Sicht der Dinge und seine Handlungsweise erklären, wobei Regner den Eindruck hatte, dass seitens der Rallyeleitung der Fall „bereits abgeschlossen“ war: „Man hat mir vor der Regrouping-Einfahrt die Zeitkarte abgenommen.“ Vor seiner Anhörung habe man es offenbar nicht sonderlich eilig gehabt: „Zunächst wurde ich aufgefordert, drei Schritte nach hinten zu machen, dann musste ich das Zimmer wieder verlassen und davor warten. Als ich wieder reingeholt wurde, musste ich auf einem Sessel vor dem Schreibtisch des Rallyeleiters Platz nehmen - ich kam mir vor wie ein Angeklagter bei einer Gerichtsverhandlung. Auf meinen Einwand hin, dass ich keine rote Flaggen an der Strecke gesehen habe, wurde mir lediglich mitgeteilt, dass die Streckenposten angewiesen wurden, die rote Flagge zu schwingen. Bislang habe ich es nicht für nötig erachtet, eine Videokamera in meinem Auto zu installieren, doch das werde ich nun ganz sicher tun.“

Auch der Umstand, dass die GPS-Cockpitlampe des Duos Regner/Witzmann erst knapp vor bzw. während der Zieldurchfahrt der SP zu sehen war, wurde laut Thomas Regner nicht berücksichtigt: „Ganz so, als wäre dieses System bereits komplett entwickelt - als würde es damit nicht noch laufend Probleme geben..“

Schlussendlich wurde Thomas Regner mitgeteilt, dass er und sein Copilot aus der laufenden Veranstaltung ausgeschlossen werden. In den 21 Jahren seiner bisherigen Karriere habe es noch nie Probleme mit dem Missachten einer roten Flagge gegeben. Und: „Ich habe vor meinem Fahrer-Debüt als Streckenposten mitgearbeitet und kenne die Regeln.“

Dass ein solcher Ausschluss und wohl auch die Art und Weise, wie er vonstatten ging, etwas macht mit einem Menschen, gibt Thomas Regner ganz offen zu: „Ich habe eine Zeit lang wirklich überlegt, das mit dem Rallyesport sein zu lassen.“ Letztendlich dürfte der spannende Wechsel auf einen modernen Peugeot 208 Rally4 zum Weitermachen inspiriert haben - nachdem Regner seit 2003 bis auf zwei Einsätze stets einen Renault Clio pilotiert hatte (zunächst Clio 16v, dann Clio RS und ab 2010 Clio R3)…

ARCH - Schindelegger: „So schnell wie der Scheibenwischer"

Lukas und sein Vater Helmut Schindelegger dominierten in ihrem von Wurmbrand Racing betreuten Ford Escort RS2000 Mk2 die ARCH (Austrian Rallye Challenge Historic) mit Serien-Bestzeiten. Der schnelle Jungpilot Bernhard Hengl (Copilot Mika Wendl/Ford Escort RS2000 Mk1), der die Eröffnungs-Rallye Vipavska Dolina für sich entscheiden konnte, lag allerdings nur wenige Sekunden zurück, als ihn auf SP4 ein technischer Defekt ereilte.

Lukas Schindelegger erklärte in Bezug auf den Schüttregen, dem die Teams einmal ausgesetzt waren: „Wir sind so schnell gefahren, wie der Scheibenwischer gegangen ist.“ Die berühmt-berüchtigte Senke habe man mit Umsicht genommen: „Da wussten wir schon beim Besichtigen: Wenn wir das voll nehmen, fällt unser Auto auseinander.“

Abschließend fand der ARCH-Champion 2021 sowie Historische Staatsmeister 2022 und 2023 nur lobende Worte für die Veranstalter und zeigte sich zufrieden mit dem erreichten Ergebnis: „Das war eine super Rallye mit einem Top Serviceplatz. Unser ARCH-Sieg freut uns sehr, aber auch der 13. Gesamtrang als schnellste Heckschleuder direkt hinter zwei Rally4-Autos. Für uns war diese Rallye unser bisheriges Highlight in diesem Jahr - aber schauen wir, wie es heuer noch weitergeht…“

> AKTUELLE WERTUNGEN

separator
Austrian Rallye Challenge